Hat sie jemals jemand gezählt, die Inseln hier, wo der Mekong mit circa 14 Kilometern am breitesten ist? Und wenn ja, sind es exakt 4000?
Wir sind auf einer der größeren Inseln hier, die gleichzeitig eine der Wenigen ist, die touristisch erschlossen ist. Das heißt, es gibt Unterkünfte und Bars. Von Straßen kann nicht die Rede sein und auch 24 Stunden Elektrizität am Tag gibt es erst seit kurzem. Also theoretisch, denn volle 24 Stunden kommt in Laos nur selten Strom aus der Steckdose. Die meisten Unterkünfte sind Hütten ohne Dusche und Klo, aber wir entscheiden uns zunächst für die Premium-Variante mit Glasfenstern und Klimaanlage. Die sieben Euro pro Nacht sind gut investiert. Ansonsten ist nicht viel los auf Don Det. Die zahlreichen Bars lassen erahnen, dass hier in der Hauptsaison der Bär steppt – aber es ist Regenzeit und die meisten Laoten schlafen bloß in ihren leeren Bars und Restaurants.
Wir erkunden die Inseln mit dem, was uns hier für einen Euro am Tag als Fahrrad vermietet wurde. Wir sind nicht schneller als zu Fuß, es ist wie Trekking mit einem Rollator. Den Drahtesel müssen wir durch knietiefe Schlammlöcher wuchten und wir hätten vielleicht besser für zwei Euro am Tag ein Moped oder lieber gleich einen richtigen Esel geliehen.
So kämpfen wir uns im Schneckentempo zu den Mekong-Fällen, immerhin die größte Wasserfall-Landschaft in Südostasien, und wir suchen die Eilande nach weiteren Unterkünften ab. Das Tipi-Dorf ohne W-LAN und mit Outdoordusche, das wir auserkoren hatten, ist leider verlassen; es hat nur in der Hauptsaison geöffnet, erzählt der Nachbar, nachdem er uns einen Magic-Mushroom-Shake angeboten hat. Am Ende wird es ein Bungalow mit zwei Hängematten auf der Terasse und Mekong-Blick. Eine Klimaanlage gibt es zwar nicht und eine Glasscheibe befindet sich auch nur in der Tür, aber das ist egal: Für fünf Euro die Nacht haben wir hier mit der zugehörigen Bar am Wasser den perfekten Hangout gefunden. Zum Schreiben und Lesen braucht man nicht viel. Gutes Essen, gelegentlich ein kühles Bier und chillige Musik sind genug, um seinen Gedanken nachzuhängen, während der Monsun auf das Wellblechdach prasselt.
Jetzt haben wir endlich Zeit, uns zu überlegen, ob wir noch einen Schlenker über Myanmar einlegen. Lohnen sich die Strapazen einer notwendigen Busfahrt nach Bangkok? Schon die Reise hierunter war nicht gerade erholsam. 22 Stunden im Wechsel zwischen überfüllten Minivans, TukTuks und dem Bettenbus hinterlassen Spuren auf der Wohlfühl-Kurve und schreien nicht nach sofortiger Wiederholung.
Überdies wollte ich es tunlichst vermeiden, einen Zickzackkurs einzuschlagen. Und dann wäre da noch dieser hässliche Genozid im ehemaligen Burma. Der lässt sich jedoch kaum als Argument gegen einen Besuch dort ins Feld führen. Fahren wir hin, unterstützen wir weder die Regierung noch sonst irgendwen; fahren wir nicht hin, hört die Massenvertreibung und das Morden auch nicht auf. Mitkriegen von der Katastrophe würden wir höchstwahrscheinlich nichts – anscheinend kriegt es ja nicht mal Aung San Suu Kyi selbst mit.
Letztendlich liegt Kambodscha hier in Sichtweite und wenn ich nach Myanmar gewollt hätte, dann hätte ich mir das vielleicht in China überlegen sollen – und das habe ich eigentlich auch. Mit dem nagenden Gefühl der Unvollständigkeit muss ohnehin jeder Weltreisende zurechtkommen. Also fuck it.
Die Seite im Pass wird einstweilen freibleiben für ein anderes schönes Land, an das ich heute vielleicht noch gar nicht denke.