Mein Mekong

Nach einem Zwischenstopp in Chiang Rai überqueren wir die Grenze zu Laos. Die 220 Kilometer bis ins Landesinnere nach Luang Prabang legen wir mit dem Boot zurück. 

Die Fahrt mit dem Slow-Boat auf dem Mekong ist ein Meilenstein auf meiner Reise, denn der Mekong ist nach der Transsibirischen Eisenbahn ein weiterer Sehnsuchtsort für mich gewesen. Eine weitere Sehnsucht, die dank einer Fernsehreportage den Weg in meinen Kopf gefunden hat. Während die Transsib-Idee wegen der Doku „Mit dem Zug von Berlin nach Peking“ geboren wurde, ist diesmal ARD-Korrespondent Robert Hetkämper schuld. „Mein Mekong“ hieß seine Doku, an die ich noch so oft zurückdenken sollte. Heute mache ich mir selbst ein Bild von meinem Mekong.

Die K. und ich haben reichlich Zeit dafür, denn das Boot ist zwei Tage unterwegs. Der 15jährige Steuermann hat das Boot beim ausparken nur gerade so weit beschädigt, dass die Fahrtüchtigkeit noch erhalten blieb und steuert uns nun im Zick-Zack-Kurs zwischen den, aus dem Wasser hervorschauenden Felsen durch. Zum Glück macht er seine Sache gut, denn die fünf Schwimmwesten, die sich die mindestens 60 Leute an Bord teilen müssen, sehen aus wie Attrappen.

Das Wetter meint es gut mit uns, denn obwohl Regenzeit ist, scheint die Sonne. Und wie sie scheint: bei 95 Prozent Luftfeuchtigkeit rinnt einem der Schweiß in jede Ritze des Körpers, auch wenn man sich nicht bewegt. Immerhin haben wir es der Nebensaison zu verdanken, dass wir einigermaßen Platz auf dem Holzkahn haben. In der Hauptsaison sind die Boote nämlich voller als die Shanghaier U-Bahn zur Rushhour. Auf den 70 Plätzen tummeln sich dann schonmal bis zu 120 Menschen.

Heute können wir die Beine lang machen und lesen oder musikhören. An den Bergen, die den Fluss säumen, hängt derweil maximal krasse Urwaldvegetation. Bizarre Wolkenformationen krönen die Szenerie und lassen den nächsten Monsun vorwegahnen.

Über Nacht machen wir eine Pause in Pakbeng. Der Mekong ist nachts nicht befahrbar. Es gibt kein einziges Schiffahrtszeichen, dass auf eine der zahlreich vorhandenen Gefahrenstellen oder sonst irgendwas hinweisen würde und die meisten Gefährte, die hier unterwegs sind, verfügen noch nichtmal über eine Kerze als Lampe. Natürlich haben die Boote auch keine Instrumente, nichtmal einen Drehzahlmesser für den Motor gibt es.

Ich vermute mal, auch die laotische Binnenschifffahrtsverordnung ist ein bisschen kürzer als die Deutsche. Anders kann ich mir nicht erklären, dass hier so ein reger Speedboat-Verkehr herrscht. Die Boote von der Größe eines Kanus und der Form eines Grashalms überholen uns des Öfteren mit einer Geschwindigkeit von mindestens 60 Km/h und erinnern mich vom Geräusch her stark an Formel1 Autos. Beim Ablick der kreuz und quer aus dem Wasser wachsenden Felsen ahne ich, warum jeder Passagier einen Motorradhelm trägt – ein Gadget, das in Laos ansonsten völlig unbekannt ist. Aktivitäten, die sogar im Reiseforum des Lonely Planet als gefährlich eingestuft werden, sollte man tatsächlich besser meiden, sofern man auch nur ein bisschen an seinem Leben hängt.

Das Slow-Boat jedenfalls hat alles unbeschadet an seine Zielorte entlang des Flusses gebracht: Die Laotischen Familen, ihre Wocheneinkäufe, ihre Paletten thailändischen Red Bulls, tausende Eier, ein Dutzend Mopeds sowie etliche Kanister Benzin für dieselben.

In Luang Prabang hustet das Boot dann noch alle verbliebenen Westerners – also auch uns – an den Pier. Die Koberer der Hostels warten schon, aber wir wollen uns in der Stadt erstmal in Ruhe umsehen.

Autor: BuzzT1985

Highwayman, sailor, dam builder, starship captain, lawyer, still alive

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