Auf Reisen trifft man viele Leute, die man sonst nicht treffen würde. Deshalb behaupten Reisende gerne, es seien nicht die Orte, die sie bewegen, sondern die Menschen, die sie treffen. Diese abgedroschene Floskel zielt natürlich darauf ab, nicht als oberflächlicher Sehenswürdigkeiten-Anglotzer wahrgenommen zu werden, sondern als jemand, der tiefer geht und hinter die Fassaden schaut.
Hauptsächlich trifft man auf Reisen jedoch andere Reisende. Die helfen einem dann zwar wenig dabei,
die einheimische Kultur zu verstehen, sprechen aber immerhin passables Englisch.Aber muss man wirklich um die Welt reisen, um diese Leute kennenzulernen? Ja, denn man trifft dann und wann wirklich tolle und interessante Menschen, mit denen man sonst niemals in Kontakt gekommen wäre. Aber viele Reisende sind auch Klischeetypen. Und weil in jedem Klischee auch immer ein bisschen Wahrheit steckt und der erste Eindruck – wie das Leben gelehrt hat – immer zutreffend ist, wage ich den Versuch, Schubladen zu definieren, die helfen sollen, die Menschen flux einzuordnen, damit man sich nicht mehr die Mühe machen muss, sie kennenzulernen. Selbstverständlich hochwissenschaftlich, politisch korrekt, objektiv, zurückhaltend und allgemeingültig. Endlich wieder einfache Antworten für unsere komplizierte Welt.
Die erste Folge beginnt mit dem südostasiatischen Standardmodell, dem Bachelor. Der Bachelor tritt ebensohäufig auch in seiner weiblichen Form, der Bachelorette auf. Erkennungszeichen ist zunächst sein Bachelorabschluss. Zur Tarnung lässt er jedoch meistens nicht erkennen, dass er über ein gewisses Bildungsniveau verfügt. Mit seinen ca. 23 Jahren musste er schon einiges durchmachen, nämlich sein hochanspruchsvolles Bachelorstudium. Die Zeit an der Uni hat ihn sehr hungrig gemacht, auf das, was er Leben nennt. Mit Leben meint er allerdings eher saufen und hungrig ist er höchstens auf seine Artgenossinnen.
Das Paarungsverhalten im Bachelormilieu geht dabei wild durcheinander, was auch daran liegt, dass man mit twentysomething noch in der Lage ist, sich jeden Abend abzulitern, ohne dass sich die Kater irgendwann zum totalen Systemausfall aufsummieren. Der Bachelor ist eigentlich ein Ballermann-Tourist mit Flugticket nach Bangkok anstatt nach Palma.
Äußerlich erkennt man ihn am Muscle-Shirt mit Aufdruck von der letzten Bar, wo er seiner Hauptbeschäftigung nachgegangen ist und sich das Kleidungsstück durch das Trinken von zehn Shots hintereinander verdient hat.
Die Bachelor-Fraktion ist immer ein bisschen aufgebretzelter als der Rest der Reisenden, schließlich sind sie immer auf der Jagd. Die Jungs präsentieren ihre Waschbrettbäuche und die Mädels sind immer geschminkt. Trotzdem gelingt es Letzteren damit nicht immer, die Abnutzungserscheinungen an ihren Körpern zu überdecken, die der Wochen- oder monatelange Exzess in jederlei Hinsicht hinterlässt.
Der Bachelor hat geringe Ansprüche ans Reisen und wird deshalb selten enttäuscht. Außerdem ist man in Südostasien bestens auf ihn eingestellt: Happy Hour, Full-Moon-Partys, und Booze-Cruise-Touren decken seine Grundbedürfnisse ab.
Zusammenfassend kann man sagen, dass der Bachelor kein Ärgernis ist, wie zum Beispiel der Chinese (im Ausland). Im Gegenteil: Er gehört zur Szenerie dazu und die für ihn eingerichteten Infrastrukturen kann man bequem mitbenutzen. Ihm sind Beer-Pong-Turniere und „Free shots at the bar“ zu verdanken. Manchmal fühlt man sich in seiner Gegenwart alt, manchmal aber auch (wieder) jung. Der Bachelor ist Teil des Unterhaltungsprogramms und vielleicht bewahrheitet sich hier ja auch ein bisschen die alte Weisheit: Ohne Asis kein Spaß.