Kontraste 

Kunming hält, was es verspricht. Trotz seiner Größe ist es eine sehr entspannte Stadt. Laotische Gelassenheit paart sich hier mit angenehm milden Temperaturen und nach der schwülen Hitze Shanghais fühlt es sich hier – auf knappen 2000 Metern über dem Meeresspiegel – an, wie Urlaub im Luftkurort.

Es war eine gute Entscheidung hierher zu kommen. Es gibt ein paar Sehenswürdigkeiten, die ich mit einigen anderen Backpackern in der gebotenen Langsamkeit erkunde. Ansonsten sind die Tage durch Ausschlafen und Abhängen im Innenhof unseres Hostels geprägt. Es ist eines der guten Hostels mit genießbarem Essen und einem schönen Garten – nicht schlecht für fünf Euro die Nacht. Hier kann man die Zeit bei Kaffee oder Bier in der Sonne verstreichen lassen, im Internet daddeln oder lesen.

Es fühlt sich nicht übel an, mal eine Runde zu relaxen und ich nehme mir vor, das öfter zu tun. Das erinnert mich an einen Punkt auf meiner Bucket-List für diese Reise: In einem buddhistischen Kloster Meditieren lernen. 

Seit ich letzes Jahr in Thailand war, habe ich hier und da mal was Interessantes über Buddhismus gelesen. Nicht, das ich als Ex-Katholik und Agnostiker auf der Suche nach einer Ersatzteligion wäre, ich bin einfach nur Neugierig. 

Ich habe nie ernsthaft versucht zu meditieren, eher habe ich das immer als esoterischen Hokuspokus belächelt. Aber wenn so viele Leute Seelenheil oder gar Rauschzustände beim Meditieren erfahren, dann sehe ich nicht ein, warum ich nicht auch mal von dieser Gratisdroge probieren sollte. 

Allerdings sind zwei Wochen im Kloster bei weitgehendem Verzicht auf alles was Spaß macht, vielleicht doch ein bisschen viel des Guten. Ich frage bei einem buddhistischen Meditationszentrum im nordthailändischen Niegendwo an und habe Glück: Mitte September kann ich dort für einen „Einsteigerkurs“ für drei Tage unterkommen. Wenn ich auf den Geschmack komme, kann ich schließlich immer noch die Hardcore-Variante ausprobieren. 

An buddhistischen Klöstern mangelt es in Südostasien nicht und jedes würde einen sofort für ein paar Tage oder Wochen umsonst beherbergen. Ob man ein echter Buddhist ist, interessiert nicht. Man spendet halt ein bisschen für den Tempel.

Für den Moment bedeutet das für mich allerdings, dass meine Tage in China nun gezählt sind. Wenn ich in zehn Tagen im thailändischen Dschungel meditieren will, muss ich weiterziehen, damit ich die Yunnan-Region nicht nur durchs Flugzeugfenster zu Gesicht bekomme.

Da ist sie wieder, die innere Unruhe des Reisenden. Ich tue mich mit dem S. zusammen. Der Engländer reist westwärts um die Welt und hier überschneiden sich unsere Wege für einen kurzen Moment. Zwei Schiffe, die sich auf dem Ozean begegnen, bemerkt die Amerikanerin, mit der wir die Zeit verbringen. 

Wir buchen ein Nachtzugticket nach Dali. Die Abfahrt ist heute Nacht.

Autor: BuzzT1985

Highwayman, sailor, dam builder, starship captain, lawyer, still alive

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