From rags to riches 

In Ulan Bator angekommen beziehen wir unsere Unterkunft, die diesmal aus einer Jurte auf dem Dach eines Guesthouses besteht. Die Gegend kann man nur als Slum bezeichnen, was aber nicht weiter schlimm ist.

Wir haben Abendprogramm, denn meine Mitreisende hat einen Kumpel, der vor ewigen Zeiten mal mit einem Mongolen aus Ulan Bator in Australien studiert hat. Er hat angeboten, sich mit uns zu treffen, was wir gerne annehmen. Die Locals zu treffen ist immer eine gute Idee. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Der B. ist nach seinem Studium beruflich ziemlich durchgestartet und gehört jetzt zur Oberschicht von Ulan Bator. 

Er kennt uns nicht, besteht aber darauf, uns abzuholen, um mit ihm und seiner Frau gemeinsam Essen zu gehen. Schon auf dem Hinweg zu unserer Behausung insistiert seine Frau, dass es sich bei der Adresse nur um einen Irrtum handeln kann. Tut es aber nicht. 

Mit dem B. fahren wir sodann durch die halbe Stadt, um dann in einem Nobelhotel in Laufweite unseres Slums anzukommen. Vielleicht war der Weg auch nur so weit, weil man an diesem Wochentag in Ulan Bator nicht links abbiegen darf.

Im Restaurant bestellt der B. für uns unfassbare Mengen an Essen und während ich die Whisky-Karte studiere, frage ich mich, ob ich meinen Trip wegen dieses opulenten Abendessens nun verkürzen muss. Es wird noch ein Grillteller gebracht. Leider können wir vor unserer Wüstentour – anders als die Kamele – nicht im Voraus essen. 

Der B. beschließt, mit uns zu trinken und klingelt seinen Fahrer von der Couch. Als der mit einem weiterem von B.’s Geländewagen vor dem Hotel wartet und wir aufbrechen, ist der B. mit seiner Kreditkarte so flink, dass wir nicht mehr dazu kommen, die Rechnung zu teilen. Sollen wir auch nicht, er freut sich, dass wir seine Gäste sind.

Für seine Frau ist im Auto kein Platz mehr. „Meine Frau läuft nach Hause, wir wohnen ganz in der Nähe“, sagt der B. 

Ähm, ok , aber will sie denn nicht… ? Nein, will sie nicht; sie will einen Spaziergang nach Hause machen.

Wir kriegen eine Privatführung durch Ulan Bator. B.’s Wagen ist groß genug, um Autos und Fußgänger, die sich nicht weghupen lassen, einfach beiseite zu schieben. Wir müssen nirgends einen Parkplatz suchen, denn unser Fahrer wartet immer im Auto.


Die Nacht lassen wir in einer Location mit Schranke vor dem Parkplatz und Concierge ausklingen. Die Bar ist eingerichtet wie ein englischer Gentlemen’s Club und unsere Kleidung kann man getrost als „inappropriate“ bezeichnen. Beim Bier bestellen und bezahlen ist der B. schneller als wir trinken können. 

Als B. erfährt, dass wir nach Peking ebenfalls mit dem Zug in der zweiten Klasse reisen, klingt es, als suche er nach Möglichkeiten, uns dieses Elend zu ersparen. Wir reagieren verhalten, weil wir fürchten, er organisiert uns noch einen Helikopter für den Rest des Weges. Man merkt, dass er nie gereist ist, denn für uns geht es ja nicht darum, möglichst schnell von A nach B zu kommen.

Als wir uns verabschieden, tauschen wir Kontaktdaten aus und natürlich biete ich an, dass er sich melden soll, falls er mal in Berlin ist. Es wird dann vermutlich Burger und Bier vom Späti am Landwehrkanal geben, wohin wir mit der U-Bahn fahren. Heute ziehen wir auf B.’s Art um die Häuser, in Berlin würden wir es auf meine Art tun und vor den Berliner Clubs gibt es keine Parkplätze mit Schranke.

Als der B. seinem Fahrer den Weg in unsere Gegend weist, kriegt dieser noch einen Lachanfall. 

Wir lachen auch.

Autor: BuzzT1985

Highwayman, sailor, dam builder, starship captain, lawyer, still alive

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